Buchstabengenaue Abschrift aus der Weser-Zeitung vom 17.08.1925 (meine Rechtschreibung muss jetzt zur Kur)

Rund um Rotenburg

ADAC Fahrt des Gau Weser Ems

Höchstgeschwindigkeiten von 106 Stdkm. auf Imperia – Schwere Wagenstürze – Keine Personenunfälle
Geschwindigkeitspreis erhält Mercedes mit 114 Stdkm. – Sportwagenhöchstleistungen

Der Nordwestdeutsche Automobil Club e.V. Bremen veranstaltete am Sonntag, den 16. August 1925 eine Prüfungsfahrt „Rund um Rotenburg“. Die Wettfahrt selbst hatte den Charakter eines Rennens und war in dieser Beziehung mehr als jede andere Prüfungsfahrt geeignet, daß Interesse aller für sich in Anspruch zu nehmen. Demzufolge war die Beteiligung hinsichtlich der Nennungen gut belegt. Zuschauer waren in Massen herbeigeströmt, und sind bei den einzelnen Rennen, die reich an interessanten Bilder und reich auch an mancherlei außerprogrammäßigen Zwischenfällen waren, durchaus auf ihre Kosten gekommen. Die einzelnen Phasen der Veranstaltung verliefen ziemlich programmäßig.

Vorbereitungen und Fahrerbesprechung.

Die Rennleitung lag in den bewährten Händen des Präsidiums des Nordwestdeutschen Automobil Clubs. Verantwortlich zeichneten die Herren Tegtmeyer und Dralle. Die Namen sagen genug, um von vornherein zu wissen, daß alles wie am Schnürchen ging. Unterstützung fand der Club in erster Linie durch den Bremer Staat, ferner durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Landrats des Kreises Rotenburg, des Herrn von Lossau. Ferner hatten sich in den Dienst der Sache die einzelnen Gendarmeriestationen, wie auch die Freiwilligen Feuerwehren der einzelnen an der Rennstrecke liegenden Ortschaften gestellt. An dieser Stelle soll auch lobend der Wenderholtschen Radfahrer des Bundes Deutscher Radfahrer, die gemeinsam mit den einzelnen Feuerwehren und Gendarmen die Streckenabsperrung durchführten, gedacht werden.

Die Fahrerbesprechung,

die im Rotenburger Hof, dem Standquartier des ADAC stattfand, erstreckte sich über Kennzeichnung der zu durchfahrenden Strecke. Außer den offiziellen Hinweisen der Wettfahrtleitung auf die verschiedenen Bestimmungen wurden noch manche notwendigen Worte über die Abwicklung der Wettfahrt gesprochen.
Es war auch durchaus notwendig, daß die verschiedenen gefährlichen Stellen der Rennstrecke gekennzeichnet wurden. Die Wettfahrtteilnehmer hatten schon vorher Gelegenheit genommen in einer Trainisfahrt sich über die Eigentümlichkeiten der Straßen zu unterrichten.

Die Rennstrecke

selbst hatte der von uns entsandte Berichterstatter Gelegenheit durch eine Probefahrt kennen zu lernen. Herr F. Kaiser hatte seinen 17/89 PS Chryselerwagen hierfür, wie auch während der ganzen Wettfahrt zur Verfügung gestellt.Die Rennstrecke war ein unregelmäßiges Vieleck mit dem Straßenzuge Rotenburg (Start und Ziel) – Unterstedt – Westerwalsede – Kirchwalsede – Wittorf – Hassel – Rotenburg. Die zu durchfahrende Rundstrecke beträgt ca. 36 Kilometer. Sie war von den einzelnen Fahrern zwei bis vier mal zu durchfahren. Die Bahn war reich an gefährlichen und unübersichtlichen Kurven und Übergängen. Besonders sind hervorzuheben die Gefahrpunkte Rotenburg, Römerschanze, Walsede und Wittorf. Das Straßenpflaster war vielfach Kopfpflaster. Teilweise war die Straße aufgerissen, so daß die Fahrer auf den weichen Sommerwegen fahren mußten und somit außerordentlich viel Ansprüche an die Fähigkeiten der Fahrer, wie auch an die Leistungsfähigkeit ihrer Maschinen gestellt wurden. So wechselten Kopfsteinstraßen mit ausgefahrenen Chausseen mit tiefen Mulden und Schlaglöchern mit mitunter glänzenden Strecken ab, wo die Fahrer ordentlich zulegen konnten.Die kritischen Punkte waren jedenfalls die Kurven, von denen es eine ganze Anzahl in recht ausgewachsener Häßlichkeit gab.

Motorrad-Rennen.

Die Motorräder wurden ab 11,30 Uhr in Abständen von je einer Minute als erste auf die Reise ge-schickt. Trotz der großen Zahl der Nennungen stellten sich nur 11 Fahrzeuge, darunter zwei Motorräder mit Beiwagen, den Startern. Es war eine Freude, zu sehen, mit welcher Behändigkeit die Räder das Rennen aufnahmen. Der glänzendste Start des Tages war der

„Imperia“ Fahrer Hemming.

Der Fahrer ging mit seiner Maschine wie aus der Kanone geschossen vom Start. Trotzdem er als vierter vom Start abgelassen wurde, war er der erste, der von dem Feld wieder nach der ersten Rundfahrt durch die Linie ging.Otto Dralle fuhr von den Routiniers mit das beste Rennen, obgleich er die schnellste Zeit für die Motorradfahrer effektiv nicht erreichen konnte. Hemming = Imperia gebührte die Palme mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 106 Stundenkilometern. Der schnelligkeitspreis viel an Dralle, da Hemming als Industriefahrer gewertet wurde. In glänzender Form gingen die Beiwagenfahrer Seitz auf Henderson und B.Friedrichs, Bremen auf Harley-Davidson durch die Bahn. Leider mußte Friedrichs wegen verschiedener kleiner Störungen an sei-ner Maschine aufgeben. Von den anderen Fahrern sei außer des nachfolgenden Ergebnisses noch des Hulla-Fahrers Weißbrodt, Diepholz gedacht und der Herren Beuße mit einem Reifenschaden, der Ihm aber trotzdem noch den zweiten Platz belegen ließ, Behrens auf Schüttorf und Mansius, Bremen auf Royal-Enfield.
Nachstehend das

Rennergebnis der Motorräder

Bis 175 ccm:
1.
Weißbrodt, Diepholz auf Hulla 1 Std. 48 Min. 34 Sek.
Bis 250 ccm:
1.
Behrens, Scheeßel auf Schüttorf 1 Std. 43 Min.
 
2.
Speck, Bremen auf Zündapp 2 Std. 15 Min. 05 Sek.
Bis 350 ccm:
1.
Dralle, Bremen auf New Imperial 1 Std. 54 Min. 54 Sek.
 
2.
Leonhardt, Chemnitz auf Schüttorf  
Bis 500 ccm:
1.
Hemming, Köln auf Imperia 1 Std. 38 Min. 32 Sek.
Bis 750 ccm und darübereinschl. der Beiwagen-Motorräder:
1.
Seitz, Hamburg auf Henderson 2 Std. 13 Min. 46 Sek.
2.
Beuße, Bremen auf NSU 2 Std. 19 Min. 04 Sek.

Rennen der Motorwagen – Tourenwagen

Das Rennen begann 2 Uhr nachmittags und war infolge seiner verschiedenen

Zwischenfälle

das ereignisreichste des Tages. Gab es doch nicht weniger als drei Stürze, die teilweise recht ernster Natur waren und bei denen die Fahrzeuge recht erhebliche Schäden hatten. Menschenleben sind, Gott sei Dank, nicht zu beklagen gewesen, auch nicht einmal irgendwelche nennenswerte Verlet-zungen, außer Verlust einiger Fetzen Haut, haben die Fahrer davongetragen. Das Rennen war reich beschickt. Die Fahrzeuge gingen mit brausender Fahrt in Ein-Minuten-Abständen vom Start los. Die Behinderung der Nachfolgenden und Überholenden war infolge der lästigen Staubentwicklung, trotz des zeitweise ganz lieblichen Landregens ganz erheblich. Den

Gipfelpunkt dieses Rennens

bildete in jeder Hinsicht Dir. Schulz, Essen auf seinem prächtigen Mercedes. Er legte mit einer ko-lossalen Fahrt los und absolvierte die erste Runde mit einer Durchschnitts-Stundengeschwindigkeit von 114 Kilometer. Bei der zweiten Rundfahrt in der Ortschaft Wittorf mußte er einem nicht am Rennen beteiligten Wagen ausweichen. Hierbei hatte er eine Reifenpanne. Infolge der kolossalen Fahrt von 114 Kilometer geriet der Wagen ins Schleudern, brach zunächst über dem einen Hinterrad zusammen, um dann

infolge der noch vorhandenen Eigengeschwindigkeit aus
sämtlichen Rädern herauszubrechen,

um mit ungeheurem Knall als armseliger Trümmerhaufen dicht an der Strecke, den anderen Fahrern als mahnendes Menetekel liegen zu bleiben. Beide Fahrer blieben unverletzt.
Im gleichen Augenblick havarierte der von der Frau Nebelthau gesteuerte Brennaborwagen in der Kurve von Wittorf. Vermutlich konnte die Fahrerin den Wagen in der Kurve nicht mehr halten. Der Wagen sauste über den Fußsteig und blieb mit den beiden äußeren gänzlich abgebrochenen Rädern im Straßengraben liegen. Auch hier kamen beide Fahrer mit dem bloßen Schrecken davon. Im übrigen entwickelte sich das Rennen, trotz der beiden Stürze unter Vorsicht bei den gefährlichen Kurven weiter. In glänzender Form war Janßen, Oldenburg auf Simson-Supra, konnte aber leider keinen Preis belegen. Vielleicht mögen die Hühner von Wittorf ihn verwünscht haben. Von den übrigen Meistern der Landstraße kann dieser Bericht schweigen, da sie ihre Anerkennung in der nachfolgenden Preisverteilung finden. Abgesehen von den beiden Stürzen in Wittorf kam zum Schluß noch ein

erheblicher Sturz in Kirchwalsede

vor. Winkelmann auf Stöwer kam auch durch Reifendefekt ins Schleudern und mußte diese Panne mit zerbrochenem Wagen vor der Kirchhofsmauer bezahlen. Auch hier ist kein Personenschaden entstanden.

Rennergebnis der Motorwagen, Tourenwagen

Rennen1:
1.
Wagner, Bremen auf Fiat 1 Std. 50 Min 38 Sek.
 
2.
Reinsch, Rüstringen auf Opel 2 Std. 7 Min. 15 Sek.
 
3.
Hoting, Sande auf Opel 2 Std. 9 Min.
Rennen 2:
1.
Hamel, Hannover auf Lancia 1 Std. 33 Min.
 
2.
Körber jun., Bremen auf Stoewer 1 Std. 40 Min. 28 Sek.
Rennen 3:
1.
Schabbel, Bremervörde auf Stoewer 1 Std. 37 Min. 12 Sek.
 
2.
Lürig, Bremen auf Stoewer 1 Std. 48 Min. 11 Sek.
 
3.
Frau Paul, Hamburg auf Adler 1 Std. 47 Min. 32 Sek.
Preis für die schnellste Runde:
Schulz, Essen auf Mercedes 20 Min. 37 Sek.

Rennen der Sportwagen


Dieses Rennen begann 4 Uhr 30 nachmittags. Es wurde von allen Fahrern im glänzendsten Stil gefahren und vermittelte Bilder von beängstigender Schönheit.Es wurde viel von den Fahrern geleistet. Meist konnten die Wagen nicht ausgefahren werden. Doch in den Geraden wurde dann desto mehr zugelegt.

Fahrgeschwindigkeiten von 140 Kilometern waren das Mittel,

NAG-Wagen waren viel in diesem Rennen vertreten. Gleichermaßen Hansa-Wagen. Hier saßen am Steuer die Herren Werner Sporthorst und Fredy Sporthorst, Feldmann, Hamm, der auch Hansa fuhr, hatte eine Reifenpanne, die für ihn keinen Nachteil hatte. Anerkannt muß die fabelhafte Behändigkeit werden, mit der er seinen Reifen auswechselte. Das Rennen verlief ohne irgendwel-che Zwischenfälle. Nachstehend die

Rennergebnisse der Sportwagen.

Rennen1: 1. Jannßen, Oldenburg auf Salmson 1 Std. 40 Min. 56 Sek
  2. Bischoff, Hannover auf Dixi 1 Std. 34 Min. 05 Sek.
Rennen 2: 1. Feldmann, Hamm auf Hansa 1 Std. 38 Min. 28 Sek.
  2. Sporthorst, Bremen auf Hansa 1 Std. 51 Min. 49 Sek.
Rennen 3: 1. Wege, Apolda auf NAG 1 Std. 20 Min. 45 Sek.
  2. Heine, Hessen auf NAG 1 Std. 25 Min. 06 Sek.
  3. Kleditz, Oldenburg auf NAG 1 Std. 39 Min. 50 Sek.
  4. Meinken, Bremen auf NAG 1 Std. 40 Min. 21 Sek.

 

Nachwort.

Es ist von allen Fahrern außerordentliches auf diesem Rennen geleistet worden, wenn ihrer, wie auch mancher anderer beachtenswerter Umstand hier nicht Erwähnung getan ist, so lag dies daran, daß der Bericht am Montag erst in den frühen Morgenstunden zusammengestellt werden konnte, da die endgültige Bekanntmachung der Rennergebnisse erst 1 Uhr 30 nachts erfolgte. Die Handicaper hatten schwere Arbeit mit den Zahlen, auch galt es noch verschiedene Proteste zu erledigen. Allen war die Fahrt „Rund um Rotenburg“ eine große Erinnerung einer erstklassigen Sportveranstaltung im Gau Bremen bleiben.

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